Ein Gespräch mit Veronika Jaeger

Während ihres Studiums der Sonderpädagogik in München engagierte sich Veronika Jaeger (30) auf vielfältige Weise in unserem Pfarrverband. Am 9. Dezember wurde die Landshuterin im Dießener Marienmünster in das Katholische Säkularinstitut Cruzadas de Santa Maria aufgenommen. Sie lebt im Haus St. Benedikt in Pasing. miteinander hat sie getroffen.


miteinander: Wie haben Sie Ihre Berufung entdeckt?

Veronika Jaeger: Ich wuchs mit zwei Brüdern in einer christlichen Familie auf und war in meiner Heimatpfarrei lange Ministrantin. Meine Eltern waren in Glaubensdingen gegenüber uns Kindern eher etwas zurückhaltend. Unterschwellig bekam ich aber viel mit, erkannte das nur noch nicht. Kurz bevor ich 2018 zum Studium nach München zog, hatte ich dann eine ganz tiefe Begegnung mit Gott. Ich spürte zum ersten Mal intensiv seine Liebe und wollte mich ihm ganz schenken. Wie genau dieser Weg mit Gott aussehen sollte, musste ich allerdings erst herausfinden. Und das war ein längerer Prozess. Gott musste in dieser Zeit viel Überzeugungsarbeit bei mir leisten. Denn ich war diesbezüglich sehr ängstlich und traute meiner wachsenden Sehnsucht nach einem gottgeweihten Leben zunächst nicht.

miteinander: Welche Rolle hat unser Pfarrverband auf Ihrem Berufungsweg gespielt?

V. Jaeger: 2018 nahm ich in St. Thomas an einem Alpha teil. Dabei begegnete ich authentischen Christinnen und Christen. Ihr Beispiel zeigte mir, dass ein Leben mit Gott möglich ist, und motivierte mich, meiner inneren Sehnsucht weiter nachzuspüren. Ich schloss mich einer Gebetsgruppe an und engagierte mich seit Beginn der Corona-Pandemie auch in der Pfarrei – etwa bei den Alphas oder im Pfarrgemeinderat. Der Pfarrverband war für mich wie ein „Schonraum“. Hier durfte ich viel erleben. Für diese Jahre bin ich sehr dankbar. Obwohl ich in dieser Zeit immer wieder spürte, wo Gott mich haben wollte, wollte ich das nicht so richtig zulassen, denn viele der Menschen, die mich beeindruckten, lebten ihre Berufung in Ehe und Familie, und ich fühlte mich im Pfarrverband sehr wohl. So habe ich den Ruf Gottes immer wieder hinterfragt.

miteinander: Warum haben Sie sich schließlich für die Cruzadas de Santa Maria entschieden? Und wie haben Sie sich auf Ihren Eintritt in diese Gemeinschaft vorbereitet?

V. Jaeger: Ich schaute mir verschiedene Möglichkeiten an, meine Berufung zu leben – etwa bei der Fokolarbewegung und den Mutter-Teresa-Schwestern. Ich wollte vor allem für geistlich Arme da sein, für junge Menschen, die Gott nicht kennen. Diese Möglichkeit fand ich bei den Cruzadas, die ich durch eine Freundin kennenlernte. Nach Schweigeexerzitien in Dießen lebte ich im Juni 2023 eine Zeitlang bei den Cruzadas und war mit ihnen auch beim Weltjugendtag in Portugal. Nach weiteren Schweigeexerzitien in Spanien war ich mir dann sicher. Nie zuvor habe ich eine solche Freiheit gespürt wie in dieser Gemeinschaft. Ihre einfache Lebensweise nach dem Vorbild der Heiligen Familie, der Dienst an den Menschen aus der Kraft der Stille heraus entsprechen ganz meinem Wesen.

miteinander: Was macht Ihre Spiritualität aus?

V. Jaeger: Mein Glaube wird geprägt von den Sakramenten und einer tiefen Verehrung Marias und des Heiligsten Herzens Jesu. Maria ist die unmittelbarste Helferin auf dem Weg zu Gott. Sie trägt einen als Mama einfach mit. Auch das Vorbild der Heiligen inspiriert mich sehr. Alle sind ihren individuellen Weg mit Gott gegangen: Katharina von Siena, Teresa von Ávila, Ignatius von Loyola, Domenico Savio, Thérèse von Lisieux, Mutter Teresa oder Carlo Acutis zum Beispiel. Wie sie will ich versuchen, den Menschen von Herz zu Herz zu dienen, die Liebe zu leben und sie wie ein Feuer auszubreiten.

miteinander: Wie haben Ihre Familie und Freunde auf Ihre Entscheidung reagiert?

V. Jaeger: „Mach erst einmal dein Studium fertig“, meinten meine Eltern, als ich vor sechs Jahren zum ersten Mal den Gedanken an ein Leben im Kloster äußerte. Denn in der Schulzeit hatte meine Begeisterung für ein Thema nie lange angehalten. Diesmal war das jedoch anders. Und so freute sich meine Familie für mich. Auch die meisten Freundinnen und Freunde stehen hinter mir.

miteinander: Wie haben Sie Ihre Aufnahme bei den Cruzadas erlebt?

V. Jaeger: Die Aufnahmefeier war ein Fest der Freude. Besonders bewegt hat mich, als wir, unter dem Dießener Heiligenhimmel kniend, die Allerheiligenlitanei und später das „Großer Gott, wir loben dich“ gesungen haben. Und natürlich der Moment, als ich mein Versprechen abgelegt habe. Gefreut habe ich mich auch über die vielen Gäste, die meiner Einladung gefolgt sind. Obwohl ich mit den meisten nur kurz habe sprechen können, Ich bin sehr dankbar, dass sie bei diesem Schritt an meiner Seite waren.


miteinander: Wie sieht Ihr Alltag bei den Cruzadas aus?

V. Jaeger: Die Cruzadas sind ganz normale Laien in der Kirche, keine Klosterschwestern, binden sich aber wie diese an Jesus und leben in Armut, Gehorsam und Keuschheit. Unsere Tage haben durch die Heilige Messe, die Gebetszeiten und die Arbeit eine feste Struktur. Wir sind in den unterschiedlichsten Berufen mitten in der Welt tätig – ich etwa als angestellte Lehrkraft im Sonderpädagogischen Förderzentrum München in der Dachauer Straße. Cruzadas heißt übersetzt Kreuzträgerinnen. Wir versuchen diese Vereinigung mit Jesus als Ganzhingabe an ihn in allen Situationen, in die wir gestellt sind, bewusst zu leben – ob beim Gebet, in der Arbeit oder unterwegs. Am Wochenende organisieren wir oft verschiedene Aktivitäten für jugendliche Mädchen und junge Frauen, aber auch Familien. Es ist also wirklich immer etwas los. Ganz besonders und jedem zu empfehlen sind vier Tage Schweigeexerzitien nach Ignatius von Loyola, die wir Cruzadas in Dießen am Ammersee mehrmals im Jahr anbieten. Diese Exerzitien haben mir auch sehr geholfen, meinen Weg zu finden.


miteinander: Die Cruzadas leben Ihr Apostolat im Alltag. Eine Herausforderung in Zeiten der Krise?

V. Jaeger: Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern die Liebe authentisch zu leben. Wenn wir uns von Gott lieben lassen und diese Liebe leben, dann finden auch die Menschen um uns herum den Frieden. Durch das persönliche Vorbild andere zu gewinnen, ohne ihnen die eigenen Überzeugungen überzustülpen, ist nicht immer leicht und erfordert Demut und Geduld. So leben die Cruzadas ihr Apostolat. Mich kostet es durchaus Überwindung, in einem weltlichen Umfeld vom eigenen Leben mit Gott zu sprechen. Aber wenn es gelingt, erfüllt mich das mit einem Gefühl großer Freude und Freiheit. Die wahre Liebe ist es, die die Welt still und leise durchsäuert wie ein Sauerteig, ohne sich jedoch aufzudrängen.

miteinander: Wie können Glaube und Kirche wieder lebendiger werden?

V. Jaeger: Die Botschaft Jesu war nie attraktiver als jetzt. Denn die Menschen suchen nach Liebe. Als Christen wissen wir, dass Gott uns unendlich liebt. Wir dürfen Gott vollkommen vertrauen. Das führt uns in eine große Freiheit. Wir müssen erst einmal erkennen, wo unser Platz in der Kirche und was unsere persönliche Berufung ist. Wenn wir diese authentisch aus Gott heraus leben, das nennt man Weg der Heiligkeit, macht es andere neugierig, und sie fragen nach. So kann man Menschen zu einer eigenen Beziehung mit Jesus führen. Denn nur Gott ist es, der durch den Heiligen Geist die Menschen in der Kirche lebendig macht.

miteinander: Das Institut der Cruzadas de Santa Maria wurde in Spanien gegründet und hat Niederlassungen in verschiedenen Ländern auf drei Kontinenten. Wo sehen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?

V. Jaeger: Am glücklichsten ist man, wenn man im Jetzt lebt. Ich lerne zwar tatsächlich gerade Spanisch, aber was meine Zukunft betrifft, vertraue ich ganz auf Gott. Ich bin offen für seinen Ruf und gespannt, wohin er mich führen wird. 

miteinander: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch. 

Das Interview führte Andrea Stengel.
Bilder: privat