Seit dem 1. Mai 2017 ist Michaela Wolfshöfer Verwaltungsleiterin im
Pfarrverband St. Thomas und St. Lorenz. Ein Beruf, für den es keine Blaupause
zu geben scheint. Wir haben Michaela Wolfshöfer getroffen und nachgefragt.
miteinander: Der Beruf der Verwaltungsleitung in Pfarrverbänden ist oft kaum
bekannt. Warum gibt es ihn?
Verwaltungsleitende kümmern sich um sämtliche Aspekte der Organisation im
Pfarrverband und ermöglichen damit dem Pfarrer, seine Zeit der Seelsorge und den
Menschen in seiner Gemeinde zu widmen. In einzelnen Pfarrverbänden gibt es
Verwaltungsleitende bereits seit mehr als zehn Jahren. Eine genaue Definition der
Stelle erfolgte jedoch erst mit der vermehrten Bildung von Pfarrverbänden vor ca.
acht Jahren. Plötzlich mussten die leitenden Pfarrer zwei bis drei Pfarreien
seelsorgerisch betreuen. Gleichzeitig sind die organisatorischen Anforderungen an
die Kirchenstiftungen immens gestiegen. Seit 2015 wurden mehr als 100
Verwaltungsleitende in der Diözese München und Freising eingestellt.
miteinander: Was gehört zu Ihren Aufgaben?
Zu meinen Aufgaben gehört die enge Zusammenarbeit mit den Kirchenverwaltungen,
aber auch die Unterstützung unserer Ehrenamtlichen bei ihrem Engagement. Die
Führung der hauptamtlich Mitarbeitenden gehört ebenso dazu wie die Erhaltung
unserer Gebäude. Seit ich vor fünf Jahren die Stelle antrat, hat sich viel getan. Die
steuerlichen und rechtlichen Anforderungen sind nochmal gestiegen, gleichzeitig
arbeiten wir Verwaltungsleitende in engem Austausch mit dem Ordinariat an einer
Verschlankung der Prozesse.
miteinander: Welche Voraussetzungen müssen Verwaltungsleitende im
Kirchendienst mitbringen?
Die Verwaltungsleitenden haben in der Regel einen wirtschaftswissenschaftlichen
Hochschulabschluss und sollten Leitungserfahrung haben. Durch die Arbeit mit
vielen verschiedenen Personen sollte man zudem gerne und wertschätzend
kommunizieren. Eine weitere Voraussetzung ist die Zugehörigkeit zur katholischen
Kirche. Dies halte ich für unverzichtbar, um unsere Arbeit gut zu machen. Eine
Pfarrei ist eben doch kein mittelständisches Unternehmen.
miteinander: Was hat Sie bewegt, sich auf diese Stelle in unserem Pfarrverband zu
bewerben? Was gefällt Ihnen daran besonders?
Ich habe vor meiner Elternzeit viele Jahre in einer Bank im Personalbereich
gearbeitet. Nach der Elternzeit wünschte ich mir einen Job abseits von
Gewinnmaximierung, wollte aber trotzdem meine Erfahrung und mein
betriebswirtschaftliches Wissen anwenden können. Keine leichte Aufgabe! Dass ich
mich mit meinem Know-how in Pfarrverband und Ordinariat einbringen kann,
empfinde ich als großen Glücksfall.
miteinander: Für viele klingt das Stichwort „Verwaltung“ noch immer ziemlich trocken.
Ein Klischee? Wie sieht Ihr Berufsalltag aus? Gibt es so etwas wie „typische“
Arbeitstage?
Tatsächlich empfinde ich meinen Arbeitsalltag als sehr abwechslungsreich. Da ich
sehr viel Emails schreibe, telefoniere und Leute treffe, passiert immer etwas Neues.
Ein typischer Tag beginnt mit dem Beantworten von Emails, Telefonaten und
Absprachen mit meinen Mitarbeitern. Dann folgen Besprechungen Vorort oder per
Video zu Bauthemen, steuerlichen Fragestellungen, Dienstbesprechungen u. ä.
Konzeptionelle Arbeiten erledige ich gern am Ende der Woche. Da ist es ruhiger.
miteinander: Welche Aufgaben machen Ihnen besonders Freude?
Ich mag Menschen und deswegen kommuniziere ich sehr gern. Das Thema Bau
nimmt sehr viel Raum ein. Hier habe ich am meisten dazu gelernt! Ich vertiefe mich
auch ausgesprochen gern stundenlang in die Analyse von Jahresabrechnungen.
Nicht jedermanns Sache, aber mir macht es Spaß.
miteinander: Was war Ihre bisher größte Herausforderung?
Die Einarbeitungszeit. Ich komme ja aus der Privatwirtschaft, und die kirchlichen
Prozesse unterscheiden sich stark davon. Ich habe jedoch vom Ordinariat und auch
durch Pfarrer Huber geduldige Unterstützung erfahren. Mittlerweile gibt es für fast
alle Abläufe Prozessbeschreibungen, sodass es künftige Verwaltungsleitende
(hoffentlich) einfacher haben.
miteinander: Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Die Corona-Pandemie hat auch unseren Pfarrverband vor große Herausforderungen
gestellt. Zeitweise durften keine Gottesdienste mehr gefeiert werden, unsere
Mitarbeiter erkrankten, die Pfarrbüros durften nicht mehr öffnen. Dies alles musste
koordiniert und kommuniziert werden im Zusammenspiel mit den Gremien, z. B.
dem Pfarrgemeinderat, etc. und hat viel Zeit in Anspruch genommen. Ich bin froh,
dass wir das hinter uns lassen konnten.
miteinander: Welche größeren Projekte stehen in Zukunft an?
Ein großes Projekt, dass mich seit fünf Jahren beschäftigt, ist der Ersatzneubau
unseres sanierungsbedürftigen Kindergartens St. Thomas. Eine letzte Hürde zur
Finanzierung müssen wir noch nehmen, dann können wir im nächsten „miteinander“
hoffentlich ausführlich darüber berichten.
miteinander: Wo sehen Sie den Pfarrverband in den nächsten zehn, 20, 30 Jahren?
Wir alle lesen beinahe täglich von den Veränderungen und Herausforderungen,
denen die katholische Kirche sich künftig stellen muss. Vor dem Hintergrund der
sinkenden Kirchensteuereinnahmen wird es zunehmend schwierig, die Anzahl an
kirchlichen Gebäuden zu erhalten. Viele Gemeinden müssen ihre Gebäude bereits
jetzt aufgeben oder alternativ nutzen. Dies betrifft auch Sakralbauten. Ich bin jedoch
davon überzeugt, dass Veränderungen besonders in einer Gemeinschaft kreative
Prozesse bewirken. In dem Sinne blicke ich gespannt und optimistisch in die Zukunft.
Das Interview führte Andrea Stengel