Ich habe ein Problem
Jetzt ist es raus – heute haben alle erfahren, dass ich es oft nicht schaffe, rechtzeitig auf’s Klo zu gehen. In der letzten Nacht war der Weg zur Toilette (die am anderen Ende des Ganges liegt) zu weit und ich habe auf den Boden in das Achterzimmer gepinkelt. Oh je, das war mir so peinlich – hoffentlich kann ich das irgendwie wieder gut machen!
Bei der Busfahrt zu unserem heutigen Ziel Glendalough habe ich mich daher auch besonders zurückgehalten, was aber gar nicht nötig gewesen wäre, weil der Busfahrer eh so wahnsinnig viel geredet hat, dass ich gar nicht zu Wort gekommen wäre! Stephen, so hieß der Busfahrer, hat uns auf alle möglichen Sehenswürdigkeiten hingewiesen und fand alles ganz „lovely“. An dieser Stelle kann ich auch mal sagen, dass die Iren alle wahnsinnig nette Menschen sind. Wenn man ein Problem hat, helfen sie sehr gerne und sind auch so immer höflich untereinander. Das Englisch, das hier gesprochen wird, ist auch wunderschön! Man versteht – wenn nicht zu schnell gesprochen wird – eigentlich alles ganz gut und der Akzent ist wunderbar britisch (ja, ich bin ein Schwein, das das British English sehr schätzt!).
Gibt es ein Heiligen Kevin?
Als wir dann in Glendalough angekommen waren, hatten wir ein bisschen Zeit, bis wir unsere Tour starten konnten, die wir dazu genutzt haben, uns über diesen Ort zu informieren. Das Gebiet dort ist so berühmt, weil dort ganz alte Reste einer Klosteranlage zu sehen sind, die im 6. Jahrhundert von einem heiligen Kevin gegründet wurde. Ich war erst mal total überrascht, dass es einen Heiligen gab, der Kevin hieß – was mir unsere Ministranten so erzählen, sind viele Kevins, die es bei uns heute gibt, Klassenclowns und machen dauernd Schmarrn. Aber dieser Kevin im Mittelalter war so ein bisschen wie der heilige Franz von Assisi – er konnte mit den Vögeln sprechen und wollte seine Ruhe vor den Menschen. Daher hat er sich auf ein schönes Fleckchen Natur in ein Tal in der Nähe von zwei Seen (das heißt Glendalough nämlich aus dem Gälischen übersetzt) zurückgezogen. Dort hatte er allerdings nicht lange seine Ruhe, weil ihm so viele Leute gefolgt sind, die sich ihm anschließen wollten, dass bald richtig viele Menschen dort im Kloster gewohnt haben. Ein paar Jahrhunderte später sollen in der Gegend 3000 Menschen gelebt haben und das Kloster war ein wichtiger Punkt für die Lehre der Mönche.
Wer hat die längste Arme von uns
Als wir dann (nach der üblichen Keks-Pause) dieses Gelände endlich betreten durften, fiel uns als erstes der hohe runde Turm aus Stein auf. In diesem Turm sollen die Mönche ihre Schätze (in der damaligen Zeit vor allem wertvolle Schriftstücke) aufbewahrt haben, als die Wikinger kamen und das Kloster angriffen. Der Turm konnte nicht in Brand gesteckt werden und somit waren die Handschriften dort gut geschützt. Um den Turm herum gab es einen großen Friedhof mit ganz alten Grabsteinen. Sehr oft war hier das sogenannte Keltenkreuz zu sehen: Das ist im Grunde ein normales Kreuz, wie wir es auch heute kennen, nur ist um die Kreuzbalken oben noch ein Kreis gesetzt. Eine Führerin hat uns erklärt, dass man damit den keltischen Völkern das Christentum leichter zugänglich machen wollte – die Kelten hatten davor ihre eigenen Dinge, die sie verehrten, am wichtigsten war die Sonne. Der Kreis um das Kreuz steht damit für die Sonne und vereint so die keltischen Vorstellungen mit dem Christentum. Ein besonders großes Keltenkreuz stand einzeln auf der Wiese und es hieß, wer es schafft, seine Arme um das Kreuz zu legen, sodass sich die Finger berühren, hat einen Wunsch frei. Leider waren meine Schweinearme zu kurz und nur Johannes, Thomas, Julia, Sophia und Leonie haben es geschafft und durften sich etwas wünschen.
Eine letzte Sehenswürdigkeit waren dann die Grundmauern der damaligen „Kathedrale“. Das schreibe ich jetzt in Anführungszeichen, weil das nur ein relativ kleiner Raum war und lange nicht so groß, wie ihr euch das jetzt vielleicht vorstellen würdet. Es war aber schon beeindrucken, sich vorzustellen, dass diese Steine und Mauern schon über 1000 Jahre dort stehen!
Wo sind die anderen?
Im Anschluss haben wir uns noch die beiden Seen angeschaut, nach denen das Tal benannt ist, und dort ein Picknick gemacht. Einige von uns haben sich Hot-Dogs gegönnt, ein paar andere hatten eine Brotzeit dabei. Auf dem Weg dorthin hat sich außerdem eine Kleingruppe von uns abgespalten. Das war vielleicht ein Schreck! Ein paar Mädels wollte noch auf’s Klo gehen (keine Ahnung, warum Menschenmädchen da immer zu viert und so lange hingehen müssen – bei uns Schweinen geht das viel schneller!) und haben dann die falsche Abzweigung genommen und sind in die andere Richtung um den See gelaufen. An dem Punkt, an dem wir uns hätten treffen müssen, waren wir dann aber anscheinend alle so unaufmerksam, dass wir uns verpasst haben. Gott sei Dank waren wir dann aber am Parkplatz wieder vollständig und konnten alle zusammen zurück ins Hostel fahren.
Auf dieser Fahrt gab es dann noch ein kleines Drama: Ein Hummel wurde durch das offene Dachfenster geschleudert und blieb reglos auf dem Boden im Bus liegen. Ich als ausgebildetes Erste-Hilfe-Schwein habe mich dann aber gleich um sie gekümmert und auf der Straße vor unserem Hostel habe ich die Kleine dann aus dem Auto geschubst – sie sah so aus, als würde sie ganz gut gelaunt davonhüpfen…
Betrug beim Alkohol
Zum Abendessen hat sich wieder jeder selbst etwas gesucht, das ihm schmeckte – ich habe mich heute für Nudeln mit Tomatensoße entschieden. Unsere ganz alten Mitfahrer, die schon über 18 sind, waren heute außerdem noch in einem Pub. Ich durfte leider nicht mit – irgendwer meinte, ich sei zu jung – aber sie haben erzählt, dass es ganz schön war. Die haben dort verschiedene Sachen probiert, darunter ein schwarzes Bier, das „Guiness“ heißt, komisch schmeckenden Apfelsaft, den man da „Cider“ nennt, und schließlich einen Alkohol namens „Whiskey“. Da hat man unsere Großen aber ganz schön ausgetrickst – das Glas mit diesem Whiskey war nämlich so gut wie leer! Nur ganz am Boden war ein bisschen Flüssigkeit. Also ich hätte mich ja beschwert, dass man ein so großes Glas schon auch richtig voll machen muss.
Aber wahrscheinlich haben die das nicht mehr so mitbekommen – die waren schon sehr gut drauf, als sie wieder im Hostel angekommen sind und sind dann auch bald ins Bett verschwunden.
Text: Veronika Huber Fotos: Sophia Kalmbacher, Veronika Huber und Johannes Schumm